Montag, 21. Oktober 2024

50 Jahre Borboletta (1974) – was sagt KI dazu?

Im Oktober 1974 – vor 50 Jahren – ist „Borboletta“  erschienen. Ich habe dieses Jubiläum zum Anlass genommen, erstmals die künstliche Intelligenz (KI) von ChatGPT auszuprobieren. Mit gemischtem Erfolg. Das Ergebnis ist nicht frei von Fehlern und insgesamt nicht berauschend, wie ich finde. Die erste Frage nach dem Album blieb ergebnislos. Also fragte ich nach der LP. Alle Kommentare in [eckigen Klammern] stammen von mir:


Ich: Wie ist die 1974 veröffentlichte LP „Borboletta“ von der Rockband Santana entstanden?

ChatGPT: Die LP „Borboletta“ von Santana, die 1974 veröffentlicht wurde, entstand in einer Zeit, in der die Band eine kreative Phase durchlief. Nach dem Erfolg ihrer vorherigen Alben wollte Santana, angeführt von dem charismatischen Gitarristen Carlos Santana, neue musikalische Wege beschreiten.

Die Aufnahmen fanden in den Record Plant Studios in San Francisco [die Studios befanden sich in Sausalito und Santana hat dort „Supernatural“ aufgenommen – zu den Studios für „Borboletta“ habe ich bislang keine Hinweise gefunden] statt, und die Band experimentierte mit verschiedenen Musikstilen, darunter Rock, Jazz und lateinamerikanische Rhythmen. „Borboletta“ ist bekannt für ihre Mischung aus instrumentalen Stücken und Gesang, wobei die Band oft mit komplexen Arrangements und improvisierten Passagen arbeitete.

Ein wichtiger Aspekt der Entstehung war die Zusammenarbeit mit verschiedenen Musikern, die zur Vielfalt des Albums beitrugen. Die Texte und Melodien reflektieren spirituelle und philosophische Themen, die für Santana charakteristisch sind. Die Band wollte mit „Borboletta“ nicht nur musikalisch, sondern auch emotional und kulturell ansprechen.

Insgesamt spiegelt das Album die künstlerische Vision von Carlos Santana wider und zeigt die Entwicklung der Band in den 1970er Jahren. Es ist ein Werk, das sowohl Fans als auch Kritiker begeistert hat und bis heute als eines der bedeutenden Alben in Santanas Diskografie gilt.

Ich: Welche Musiker haben bei den Aufnahmen von „Borboletta“ mitgewirkt?

ChatGPT: Das Album „Borboletta“ von Santana, das 1974 veröffentlicht wurde, enthält eine Vielzahl talentierter Musiker. Zu den Hauptmitgliedern der Band, die an den Aufnahmen mitwirkten, gehören Carlos Santana (Gitarre, Gesang), Gregg Rolie (Keyboards, Gesang) [falsch], David Brown (Bass) und Michael Shrieve (Schlagzeug). Außerdem waren auch andere Musiker wie Armando Peraza (Percussion) und José „Chepito“ Areas (Trompete, Percussion) beteiligt. Das Album ist bekannt für seine Mischung aus Rock, Jazz und lateinamerikanischen Klängen und zeigt die charakteristische Virtuosität von Santana und seiner Band. Wenn du mehr über die einzelnen Songs oder die Hintergründe des Albums wissen möchtest, lass es mich gerne wissen!

Ich: Welchen Hintergrund hat der Song „Promise of a Fisherman“?

ChatGPT: „Promise of a Fisherman“ ist ein Lied, das oft mit Themen wie Hoffnung, Sehnsucht und der Verbindung zur Natur in Verbindung gebracht wird. Der Song erzählt die Geschichte eines Fischers, der die Versprechen und Träume, die mit seinem Beruf verbunden sind, reflektiert. Er symbolisiert nicht nur die Herausforderungen des Lebens auf dem Wasser, sondern auch die tiefen emotionalen Bindungen, die Menschen zu ihrer Arbeit und ihrer Umgebung haben.

Die Metaphern des Fischens können auch für das Streben nach Zielen und die Geduld stehen, die nötig ist, um diese zu erreichen. Oft wird der Song in einem Kontext betrachtet, der die Schönheit und die Schwierigkeiten des Lebens thematisiert, und er spricht viele Menschen an, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

Wenn du mehr über die spezifischen Hintergründe oder die Entstehung des Songs wissen möchtest, lass es mich wissen!

Ich: Ja, bitte.

ChatGPT: Hallo! Wie kann ich Ihnen helfen? Gibt es etwas Bestimmtes, worüber Sie sprechen möchten?

Ich: Erzähle mir mehr über die Hintergründe des Songs „Promise of a Fisherman“ auf dem Album „Borboletta“ von Santana.

ChatGPT: „Promise of a Fisherman“ ist ein Stück auf dem Album „Borboletta“ von Santana, das 1974 veröffentlicht wurde. Das Album ist bekannt für seine Mischung aus Rock, Jazz, Latin und anderen Musikstilen, was typisch für Santanas einzigartigen Sound ist.

Der Song selbst ist eine Hommage an die Natur und das Leben, das mit dem Meer verbunden ist. Die Texte reflektieren Themen wie Hoffnung, Träume und die Verbindung zur Umwelt. Carlos Santana und seine Bandmitglieder wollten mit diesem Stück eine positive Botschaft vermitteln, die die Zuhörer dazu anregt, über die Schönheit der Natur und die Bedeutung von Versprechen nachzudenken.

Musikalisch ist „Promise of a Fisherman“ geprägt von Santanas charakteristischem Gitarrenspiel, das oft als emotional und leidenschaftlich beschrieben wird. Die Kombination aus sanften Melodien und rhythmischen Elementen schafft eine Atmosphäre, die sowohl beruhigend als auch inspirierend ist.

Insgesamt spiegelt der Song die künstlerische Vision von Santana wider, die sowohl spirituelle als auch soziale Themen umfasst, und zeigt, wie Musik als Medium dienen kann, um tiefere Botschaften zu vermitteln.

Ich: Wer hat „Promise of a Fisherman“ komponiert?

ChatGPT: „Promise of a Fisherman“ wurde von dem Komponisten und Musiker Michele Bravi geschrieben. Wenn du mehr Informationen über das Lied oder den Künstler möchtest, lass es mich wissen! [Hmmm … ich formuliere die Frage anders …]

Ich: Wer hat den Song „Promise of a Fisherman“ von Santana komponiert?

ChatGPT: Der Song „Promise of a Fisherman“ von Santana wurde von Carlos Santana und dem Songwriter und Musiker José „Chepito“ Areas [falsch – der Komponist war Dorival Caymmi] komponiert. Wenn du mehr über den Song oder die Künstler erfahren möchtest, lass es mich wissen!

Nö, will ich nicht.

Soweit also ChatGPT. In meinem Buch „Sechs Jahrzehnte SANTANA“ habe ich zum genannten Song folgendes geschrieben:

Und dann folgt der Höhepunkt des Albums, das faszinierende „Promise of a Fisherman“ des brasilianischen Bossa-Nova-Musikers Dorival Caymmi (Original: „Promessa de Pescador“) mit wunderbarer Percussion und feinem Keyboard, mehr als acht Minuten lang und immer noch viel zu kurz. Unermüdlich bearbeitet Armando Peraza seine Bongos. Airto Moreira beschleicht das seltsame Gefühl, dass Armando mit ihm einen rhythmischen Zweikampf ausfechten will – dabei spielt er selbst lediglich die nicht wirklich zum Gegenangriff geeignete Triangel. Carlos scheint in manchen Passagen den flinken Fingern John McLaughlins nachzueifern, bis er sich auf seinen melodischen Stil besinnt.

Dienstag, 1. Oktober 2024

David Crosby – If I Could Only Remember My Name (1971)

Das erste Soloalbum von David Crosby ist alles andere als ein Soloalbum. Viele Kollegen besuchten ihn während der Aufnahmen in den Wally Heider Studios in San Francisco und machten einfach mit – siehe die Liste unten. Musiker von den Grateful Dead, Jefferson Airplane und Santana sowie Neil Young und andere gaben sich die Klinke in die Hand und trugen zur Musik bei. Und so ist von dem vielleicht geplanten Folkrock gar nicht mehr viel übriggeblieben. Die Songs entwickeln sich zu eher rockigen Jamsessions, in denen es nicht immer geordnet zugeht, und driften gelegentlich in psychedelische Gefilde ab. Ich bin begeistert darüber, „If I Could Only Remember My Name“ entdeckt zu haben.



Kritiker konnten mit dieser seltsamen Musik seinerzeit nicht viel anfangen. Das änderte sich freilich im Laufe der Jahrzehnte und inzwischen ist die Scheibe hoch angesehen und gilt als wegweisend.


Wally Heider Studios? Falls es da bei dem einen oder anderen Fan klingelt … in diesen Studios entstand Santanas zweites Album „Abraxas“ (1970). Daher ist nicht verwunderlich, dass Michael Shrieve und Gregg Rolie an ihren Tatort zurückkehrten. Michael Shrieve hat Track 5 „What Are Their Names“ mitgeschrieben und spielt Schlagzeug. Bei Track 7 „Song with No Words (Tree with No Leaves)” ist er ebenfalls dabei und Gregg Rolie spielt das Piano. Daher hat sich das Album auch für meinen Santana-Blog qualifiziert. Die Congas in Track 1 „Music Is Love“ spielt allerdings niemand von Santana, sondern Neil Young.


Und hier die Credits, die ich im Internet recherchieren musste, da sie auf der CD fehlen:
  • David Crosby – vocals, guitars
  • Graham Nash – guitar, vocals („Music Is Love“/„Tamalpais High“/„Laughing“/„What Are Their Names“/„Traction in the Rain“/„Song with No Words“)
  • Jerry Garcia – electric guitar („Cowboy Movie“/„Tamalpais High“/„What Are Their Names“/„Song with No Words“); pedal steel guitar („Laughing“); guitars („Kids and Dogs“); vocal („What Are Their Names“)
  • Neil Young – guitars, vocals („Music Is Love“/„What Are Their Names“); bass, vibraphone, congas („Music Is Love“)
  • Jorma Kaukonen – electric guitar („Tamalpais High“/„Song with No Words“)
  • Laura Allan – autoharp, vocal („Traction in the Rain“)
  • Gregg Rolie – piano („Song with No Words“)
  • Phil Lesh – bass („Cowboy Movie“/„Tamalpais High“/„Laughing“/„What Are Their Names“); vocal („What Are Their Names“)
  • Jack Casady – bass („Song with No Words“)
  • Bill Kreutzmann – drums („Tamalpais High“/„Laughing“); tambourine („Cowboy Movie“)
  • Michael Shrieve – drums („What Are Their Names“/„Song with No Words“)
  • Mickey Hart – drums („Cowboy Movie“)
  • Joni Mitchell – vocals („Laughing“/„What Are Their Names“)
  • David Freiberg, Paul Kantner, Grace Slick – vocals („What Are Their Names“)

Dienstag, 3. September 2024

Turiya Alice Coltrane & Devadip Carlos Santana – Illuminations (1974)

Vor 50 Jahren – im September 1974 – erschien das Album „Illuminations“ von Turiya Alice Coltrane & Devadip Carlos Santana. Beide haben dem bürgerlichen Namen ihren Sanskrit-Namen vorangestellt, was bereits auf die spirituelle Ausrichtung des Albums verweist. Das in einer paradiesischen Traumwelt schwelgende Cover von Michael Wood unterstreicht diesen Anspruch mehr als deutlich. Es stimmt perfekt auf den süßlich-opulenten Überfluss der Musik ein, die von manchen als Free Jazz bezeichnet wird, was ich allerdings bestenfalls für einige Passagen gelten lassen möchte. „Die Musik führte mich weiter weg vom klassischen Santana-Sound als fast jede andere Aufnahme. Weiter weg, aber näher an meinem Herzen“, so Carlos Santana in seiner Biografie.



„Illuminations“ wird als Soloalbum von Carlos gezählt. Das ist natürlich kein zwingender Grund für so völlig andere Musik, wie sie uns hier begegnet. Dieses Album ist wirklich weit von „Jingo“, „Black Magic Woman“ oder „Samba Pa Ti“ entfernt. Rockmusik, schon gar Latinrock, sucht man hier vergebens. Wirklich eine erstaunliche Entwicklung.

Der kurze Auftakt ist sehr meditativ – ein langgezogenes, dreifaches „Om“ – bevor in „Angel of Air/Angel of Water“ Jules Broussards Flöte wie Vogelgesang ertönt und David Hollands samtweicher Bass sich einklinkt, von Streichern untermalt. Carlos Santana übernimmt mit seiner Gitarre die Regie, mit gelegentlichen Einwürfen von Tom Costers Electric Piano. Saxophon und Harfe treffen sich in einem ersten kurzen Höhepunkt, nach dem es ruhig weitergeht, sich erneut steigert und wieder entspannt. Der zehnminütige Titel ist also ein ständiges Auf und Ab, was Carlos als Ebbe und Flut bezeichnet. Das erinnert an Pharoah Sanders, der beispielsweise auf dem glänzenden „Ptah, the El Daoud“ mit Alice Coltrane gespielt hat. Bemerkenswert ist auch, dass es hier keine Drums und keine Percussion gibt. Cymbals (Becken) laufen zwar wie kleine Wellen am Strand auf, ansonsten trägt der Bass den Rhythmus. Berührend finde ich vor allem das knapp zweiminütige Intermezzo ab 4:27 mit Bass, Gitarre, Harfe, Streichern und E-Piano. Was Carlos und Dave Holland hier im Zusammenspiel bieten, ist ganz großes Kino. Ein absolut überzeugender, hochkarätiger, gefühlvoller Song. Je aufmerksamer man sich auf die Engel der Luft und des Wassers einlässt, desto mehr kann man sie genießen.


„Bliss: The Eternal Now“ ist das einzige Stück aus der Feder von Alice Coltrane. Hier dominieren ihre Instrumente, nämlich Streicher, Harfe und Piano. Der Song dreht sich im Kreis, wartet ab, findet keine Richtung und schürt so die Spannung.

Mit sirrenden, obertonreichen Klängen der Tanpura (oder Tamboura) von Prabuddha Phil Browne, langgezogenen Gitarrentönen von Carlos Santana, dem gestrichenen Bass von David Holland und den Tablas von Phil Ford versetzt „Angel of Sunlight“ uns für rund drei Minuten nach Indien, bevor das Tempo anzieht. Nun darf auch Armando Peraza an den Congas glänzen. David Holland – jetzt seinen Bass wieder zupfend – und Jack DeJohnette am Schlagzeug greifen ein, während Carlos eine ausgedehnte Improvisation hinlegt, bis Jules Broussard am Saxophon ihn ablöst. Alice Coltranes Wurlitzer und Tom Costers Hammondorgel gesellen sich hinzu. Mit Carlos‘ Gitarre ergibt sich ein ekstatisches Durcheinander (dies ist so eine Free-Jazz-Passage), welches sich schließlich langsam auflöst.


Das Titelstück „Illuminations“ mit fulminanten Pianoakkorden und getragenen Streichern bildet den gemächlichen Abschluss (der 2001 von Bill Laswell auf dem Album „Divine Light“ hörenswert zitiert und sphärisch verfremdet wird).

In den Siebzigerjahren fand ich dieses Album reichlich kitschig. Tatsächlich ist die Musik durchaus gewöhnungsbedürftig und mag zunächst schwer verdaulich sein. Doch es half mir, Zugang zu einzelnen Spielarten des Jazz zu finden. Unter diesem Aspekt hat „Illuminations“ viel zu bieten und reifte zu einem Juwel in meiner Sammlung. Daher kann ich es abenteuerlustigen Musikfreunden wärmstens empfehlen. Da es freilich – außer bei „Angel of Sunlight“ – weitgehend ohne Schlagzeug und Percussion auskommt, stellt es manchen Santana-Fan auf eine harte Probe. Ein sehr gutes Album, bei dem Carlos mit außergewöhnlichem Spiel glänzt, ist es dennoch.

(Dieser Beitrag ist ein modifizierter Auszug aus „Sechs Jahrzehnte SANTANA“.)

Samstag, 31. August 2024

Acht Monate fast ohne Santana (1983)

Fast acht Monate lang fast ohne Musik und insbesondere ohne Santana auszukommen – das war eine harte Zeit. Ich konnte mir gerade noch die frisch erschienene LP „Havana Moon“ kaufen und über’s Wochenende wohl zweimal hören … dann ging es los.

1983 umrundete ich in knapp acht Monaten die Erde. In meinem neuen Buch „Per Anhalter durch die Wüste“ (2024) erzähle ich von spannenden Abenteuern, einem Kampf ums Überleben, einer dramatischen Entscheidung, kuriosen Pannen und harter Arbeit, aber auch von unscheinbaren Begebenheiten sowie Höhen und Tiefen, wie man sie auf einer solchen Reise eben durchmachen kann.


Klar war, dass ich während meiner Weltreise weitgehend ohne die mir so wichtige Musik würde auskommen müssen. Den Walkman gab es zwar bereits seit 1979, doch ich besaß keinen. Außerdem hatte ich für entsprechende Tonträger (Cassetten) einfach keinen Platz, denn ich musste mein Gepäck arg beschränken. Smartphones und Musikstreaming, wie sie heute fast selbstverständlich sind, lagen noch in ferner Zukunft.

Immerhin wurde ich beim Trampen auf dem Stuart Highway in Australien einmal von jungen Leuten mitgenommen, die unter anderem Cassetten von Santana dabeihatten und auf der langen Fahrt über die staubige Piste für mich abspielten (siehe Seite 38 im Buch). Auch kam ich in den USA mal bei Gleichaltrigen unter, bei denen es meine Lieblingsmusik ausgiebig zu hören gab (Seite 95). Diese seltenen Gelegenheiten genoss ich sehr.

Als ich schließlich wieder zu Hause war, hatte ich eine Menge nachzuholen. Und mit dem, was zwischenzeitlich passiert war – die Neue Deutsche Welle war über das Land geschwappt – konnte ich erstmal überhaupt nix anfangen, denn ich kam quasi aus einer anderen Welt zurück und hatte jene Entwicklung größtenteils verpasst. Es dauerte ein Weilchen, bis ich erneut Anschluss an aktuelle Hits fand.

Donnerstag, 25. Juli 2024

John Mayall and the Bluesbreakers – A Hard Road (1967)

Gestern habe ich mal wieder „A Hard Road“ von John Mayall and the Bluesbreakers aufgelegt, weil ich erfuhr, dass John Mayall am 22. Juli 2024 im Alter von 90 Jahren gestorben ist. „A Hard Road“ erschien im Februar 1967 als zweite Platte der Bluesbreakers und ist durchaus als Meilenstein zu sehen. Mit dabei sind John McVie und Peter Green, die später Fleetwood Mac gründeten, sowie Aynsley Dunbar, der später bei der Jeff Beck Group, Jefferson Starship, Journey, UFO und anderen mitwirkte.


John Mayall war enorm wichtig – eine Schlüsselfigur in der britischen Bluesrock-Szene, die wiederum maßgeblich die Entwicklung der Rockmusik in den USA beeinflusste. Die Bluesbreakers waren beispielsweise auch für Eric Clapton und Mick Taylor (Rolling Stones) ein Karriere-Sprungbrett. Und indirekt inspirierten die Bluesbreakers wiederum zahllose andere Musiker.


So befindet sich auf „A Hard Road“ der Song „The Super-Natural” von Peter Green, der nicht nur einen Vorgeschmack auf dessen Gitarrensound bietet, sondern auch Carlos Santana mächtig inspiriert hat. Dazu Carlos: „Er hatte bereits seinen eigenen Stil – legato. Er ließ die Noten einfach hängen. Sein Sound nahm mich echt in den Schwitzkasten und ließ mich nicht mehr los. Und diese Töne! In dem Stück ‚The Super-Natural‘ – nicht zu verwechseln mit meinem Album ‚Supernatural‘ [1999] – war Greens Gitarrensound haarscharf am Feedback. Dieses Stück hat bei mir definitiv Eindruck hinterlassen. Ich glaube, das war der erste instrumentale Blues, der zeigte, dass eine Gitarre problemlos die Leadstimme sein kann – und dass Sänger manchmal total überflüssig sind. Ich liebte diesen Klang“. „The Super-Natural” bereitete den Weg für Santana-Songs wie „Samba Pa Ti“ und „Europa“.

Seit 1969 lebte John Mayall in Los Angeles. Dort starb er nun und hinterlässt … nein, keine Lücke, sondern ein (einfluss)reiches musikalisches Werk!

Samstag, 20. Juli 2024

Santana 1974 – zum 77. Geburtstag von Carlos Santana

Das Jahr 1974 war ziemlich produktiv in der bereits weit fortgeschrittenen, aus heutiger Sicht freilich noch jungen Karriere von Santana. Vier neue Alben mit einer enormen stilistischen Bandbreite kamen auf den Markt. Alle hier zitierten Passagen mit Quellenangaben und vielen weiteren Details sind übrigens in meinem Buch „Sechs Jahrzehnte SANTANA“ nachzulesen.


Es begann im Mai mit dem Dreifach-Livealbum „Lotus“. „Die Idee war wundervoll und ehrgeizig, und die Musik war frisch – aber die Leute von Columbia konnten damit nichts anfangen“, erzählt Carlos Santana. „Das Album-Cover, die Verpackung und die drei Platten waren ihnen einfach zu teuer. Sie glaubten nicht daran, dass das Album sich gut verkaufen würde. Selbst nachdem ‚Lotus‘ im Sommer 1974 auf den japanischen Markt kam und das meistverkaufte Importalbum der damaligen Zeit wurde, ließ Columbia sich nicht umstimmen, nicht einmal von Bill [Graham]. Das zeigt, wie viel sich geändert hatte, seit Clive [Davis] entlassen worden war. Damals lernte ich, wie bürokratisch die Dinge in Amerika laufen konnten und wie unterschiedlich die Plattenfirmen in Europa und Japan gemanagt wurden“.


Im August folgte Santanas erstes „Greatest Hits“-Album mit Songs der ersten drei LPs. Damit war Carlos überhaupt nicht glücklich. „Wissen Sie, was die Leute bei Columbia taten, als ‚Lotus‘ rauskam?“, fragt Carlos. „Sie brachten etwa zur gleichen Zeit ein Greatest-Hits-Album – auf einer Einzel-LP – heraus, als wären wir irgendeine abgehalfterte Band, die ihre besten Jahre längst hinter sich hat. Das war ein echter Tiefpunkt“. Na gut, aber es war meine erste Santana-Platte. Was wäre ohne sie aus mir geworden?


Im September erschien „Illuminations“ von Turiya Alice Coltrane & Devadip Carlos Santana. „Das Abhängen mit Turiya inspirierte mich, ein paar spirituelle Melodien zu schreiben, und als Turiya sie hörte, überraschte sie mich mit einigen Arrangements, die dazu passten – zu diesem symphonischen Ozean aus Sound mit Ebbe und Flut. Aus diesen ersten Stücken wurde ‚Angel of Air/Angel of Water‘ auf dem Album ‚Illuminations‘. Es war das erste Album mit meinem Sanskrit-Namen auf dem Cover. Die Sterne standen günstig dafür: Turiya war derzeit bei keiner Plattenfirma unter Vertrag, und Columbia war damit einverstanden, rechnete aber nicht mit Radiohits und wollte daher erst nach der Fertigstellung entscheiden, was mit dem Album geschehen sollte. Im Grunde sagten sie zu uns: Macht weiter und amüsiert euch gut. (…) Unsere Sessions fanden im Capitol-Studio in Los Angeles statt, wo Frank Sinatra seine Platten aufzunehmen pflegte, weil Turiya es kannte und weil dort eine ganze Streichergruppe Platz hatte. Alles war live, und es war fantastisch, im selben Raum zu sein wie Jack DeJohnette und Dave Holland – die beide mit Miles gespielt haben – und mit Armando, Jules Broussard und Tom Coster. Die Atmosphäre war großartig: Armando erzählte eine Geschichte, und wir lachten uns krumm; dann sagte Turiya etwas, worüber wir noch heftiger lachten. Alle glauben, Alice Coltrane sei ein ernster, zutiefst spiritueller Mensch, der nicht herumalbern darf, irgendwie näher an Gott als andere. Aber sie lachte und amüsierte sich gerne“.


Im Oktober wurde „Borboletta“ veröffentlicht. Das Album ist ein Klangteppich, der zum fliegenden Teppich wird und den begeisterten Fan sanft entschweben lässt. Ein fesselnder Traum, aus dem man höchst ungern erwacht. Nach den Arbeiten an „Borboletta“ zieht Michael Shrieve einen Schlussstrich und verlässt die Band, was für Carlos einen größeren Einschnitt darstellt und zwei Tage vor dem geplanten Tourneestart überdies einigermaßen ungelegen kommt. Der Schlagzeuger hat sich als wichtiger Kollege und Freund entpuppt. Durch ihn lernt Carlos Jazzmusik kennen, die ihn überhaupt erst auf den Weg zu den letzten großartigen Alben bringt. „Ich schulde Michael viel. Er ist derjenige, der mir [John] Coltrane und Miles [Davis] näherbrachte. Ich wollte nur Blues spielen, bis Michael kam (…). Er öffnete meine Augen, meine Ohren und mein Herz für viele Dinge. (…) Manche Schlagzeuger haben nur Stöcke, doch Michael Shrieve hat Sehkraft. (…) Michael ist wie eine Schachtel Buntstifte – er hat all die Farben“.


Diese unterschiedlichen Alben mit ihren vielen Geschichten hätten über mehrere Jahre entstanden sein können. Doch alles geschah 1974. Das ist nun fünfzig Jahre her. Damals wurde Carlos Santana 27. Heute wird er 77. Ich gratuliere ihm herzlich zum Geburtstag und wünsche ihm noch viele glückliche Jahre mit seiner Band, seiner Musik und natürlich in seinem Privatleben. Happy Birthday, Carlos!

Sonntag, 30. Juni 2024

Carlos Santana, Mahavishnu John McLaughlin – Love Devotion Surrender (1973)

Im Oktober 1972 startet Santana eine ausgedehnte Promotion-Tour für die neue LP „Caravanserai“. Der Auftakt findet am 4. Oktober im Winterland in San Francisco statt. Es ist das erste Santana-Konzert für Deborah King, Carlos‘ künftige Frau – die beiden sind nun schon seit einigen Monaten zusammen. Als weiterer Gast kündigt sich niemand Geringeres als John McLaughlin an, der 1970 mit Miles Davis auf „Bitches Brew“ und ab 1971 mit seinem Mahavishnu Orchestra den Jazzrock revolutioniert hat. Er kommt extra aus New York angereist. „Es war ziemlich schräg, wie das geschah“, erzählt John einige Monate später in einem Interview. „Ich wachte eines Morgens auf mit der Idee, ein Album mit Carlos aufzunehmen. Am selben Tag rief mein Manager an und sagte, dass er sich mit Clive [Davis] getroffen hatte und dass Clive vorschlug, dass ich ein Album mit Carlos mache“ – jener Clive Davis von Columbia, der „Caravanserai“ einige Monate zuvor noch als Karriere-Selbstmord bezeichnet hatte. In der letzten halben Stunde der Show im Winterland steht McLaughlin mit Santana auf der Bühne. Anschließend sprechen die beiden Gitarristen über das gemeinsame Albumprojekt.


Über John McLaughlin lernt Carlos auch bald den Guru Sri Chinmoy kennen. Bei Sri Chinmoy findet er die ersehnte innere Ruhe und Ausgewogenheit. „Meine Frau und ich waren enttäuscht von diesem katholischen Ding“, erklärt Carlos, „und wir suchten östliche spirituelle Werte – etwas, das sich nicht um Verdammung und Richten dreht. Wir suchten Erweiterung und Anerkennung unserer gesamten Persönlichkeiten als Individuen, wodurch man innerlich flexibler wird“.

Von 1972 bis 1981 bleiben Carlos und Deborah dem Guru treu. Jahre später erläutert Carlos: „Dieses Bedürfnis nach Religion, nach einem Wertesystem, nach Metaphysik hat nicht, wie man gerne annimmt, mit dem ungeordneten Musikerleben zu tun, sondern mit der Suche nach Inspiration. Ein Musiker ohne Inspiration ist wie ein Vogel ohne Flügel. Darum sucht ein Musiker, um kreativ sein zu können, nach einer Möglichkeit, seine Inspiration zu potenzieren“.

In dieser Phase also spielt Carlos Santana gemeinsam mit dem begnadeten Gitarristen John McLaughlin dieses die äußeren Grenzen der Rockmusik sprengende Album „Love Devotion Surrender“ ein. Es ist ein weiteres Album der verbliebenen Santana-Musiker auf der Schwelle zum Jazz, voller Inbrunst und Intensität, doch hypnotisch groovend. Fast alle Stücke stammen vom 1967 verstorbenen John Coltrane, einem großen Vorbild von Carlos und John McLaughlin.


Den Albumtitel zu übersetzen fällt schwer. „Love“ ist klar. „Devotion“ bedeutet Hingabe, Zuwendung, Ergebenheit, Aufopferung. „Surrender“ bedeutet Kapitulation, Unterwerfung und ebenfalls Hingabe. Was genau ist der Unterschied?

Sri Chinmoy führt dazu bereits 1970 in seiner Schrift „Love, Devotion and Surrender“ aus, dass Devotion die Intensität der Liebe und Surrender die Erfüllung der Liebe sei. „Bedauerlicherweise wird Surrender im Westen falsch verstanden. Wir haben das Gefühl, diese Hingabe bedeute, dass jemand über uns herrscht und dass wir keine Individualität und Persönlichkeit mehr haben. Aus der gewöhnlichen, menschlichen Perspektive stimmt dies. Aus der spirituellen Perspektive ist es jedoch vollkommen falsch. Wenn das Endliche ins Unendliche eintritt, wird es sofort Teil der Unendlichkeit. Wenn ein kleiner Tropfen in den Ozean fällt, können wir ihn nicht mehr erkennen. Er wird zum mächtigen Ozean“. „Surrender“ meint also, Teil eines größeren Ganzen zu werden – das nennt man Selbstvergessenheit oder Selbsttranszendenz. Die Übersetzung von „Love Devotion Surrender“ lautet hiernach „Liebe Hingabe Selbstvergessenheit“.

Freitag, 24. Mai 2024

Carlos Santana mal ganz privat …

Vor einigen Wochen zeigte meine liebe Frau mir Fotos von kreativen Häkelarbeiten einer Kollegin. Darunter befand sich auch ein Rastamann mit Dreadlocks. Da fragte ich eher scherzhaft, ob man wohl auch Carlos Santana häkeln könne.



Ja, die Kollegin kann. Den unausgesprochenen zweiten Teil meiner Frage – „… und wenn man kann, dann wünsche ich mir einen Häkel-Carlos!“ – verstand meine Frau offenbar laut und deutlich. Gestern überraschte sie mich mit dem Ergebnis. Ich bin echt begeistert!



Ihre Kollegin hat das toll hinbekommen, finde ich. So kennt ihn bislang keiner. Da schlägt das Herz eines Fans doch gleich viel höher …

Montag, 20. Mai 2024

Santana – Dance of the Rainbow Serpent (1995)

Bill Graham spricht von seinen beiden musikalischen Lieben – Latin und Blues. „Als ich Santana zum ersten Mal im Fillmore hörte, war es, als hätten diese beiden Lieben sich gepaart und ein Kind bekommen. Über die Jahre habe ich die Entwicklung dieser Band, dieses Sounds, dieses Geistes gesehen und gespürt. Sie ist reif und zugleich ewig jung, voller Unschuld und Schuld, Leidenschaft und Ruhe. Das Wesen von Santana provoziert meine Sinnlichkeit. Es gestattet meinem Herz, sich in die Höhe zu schwingen und befiehlt meinem Körper, sich zu bewegen. Das ist das Höchste, wozu ein Künstler mit seiner Ausdruckskraft mich bringen kann“.


Bill Graham trägt maßgeblich zur Entwicklung der Band bei. Er fördert sie, gibt ihnen Chancen und öffnet Türen. Im Booklet zu diesem Album kommt Carlos mehrfach auf seinen Freund zu sprechen, der nun schon seit einigen Jahren nicht mehr lebt.


Herz, Seele, Geist – so sind die drei CDs dieses schönen Sets aus dem Jahr 1995 betitelt. Es besticht nicht nur durch seine Aufmachung mit einem umfangreichen, aufwendig gestalteten Booklet, sondern hat auch musikalisch viel zu bieten. Es enthält bekannte Hits und weniger bekannte, ebenfalls sehr schöne Santana-Songs (besonders hervorheben möchte ich „Song of the Wind“ und „Flame-Sky“). Außerdem eine Reihe von Aufnahmen, die bislang nur auf Alben anderer Musiker oder auf Konzertmitschnitten zu finden sind – sowie zweieinhalb bislang unveröffentlichte Titel (den „halben“ gibt es bis dahin nur auf Video/DVD).


Gerade höre ich mir diese Compilation mal wieder an. Und ich muss feststellen: Wenn ich nicht bereits Santana-Fan wäre, würde ich es bei dieser Zusammenstellung ganz gewiss werden.

Dienstag, 30. April 2024

Geben und Nehmen bei „Taboo“ (1971)

Zuletzt hatte ich nicht soviel Zeit wie gewünscht, mich mit Santana zu beschäftigen, weil ich neben meiner gewohnten Arbeit ein Buch über meine recht abenteuerliche Weltreise („Per Anhalter durch die Wüste“) geschrieben habe.


Derweil sind mir jedoch zwei Documentaries aufgefallen, in denen ein gewisser JCM „The Making of Santana III (1971)“ und „The Untold Story Behind Santana‘s Caravanserai (1972)“ sehr facettenreich erzählt. Beide Beiträge wurden im Februar 2024 veröffentlicht. Ich kann sie Santana-Fans nur ans Herz legen.

Neben vielen Details erfahren wir beispielsweise, dass die Anfangsakkorde des Songs „Taboo“ auf „Santana III“ Golden Earring zum markanten Intro von „Radar Love“ (1973) inspirierten (23:03 – unverzeihlich, dass ich darauf nicht selbst schon gekommen bin). Eine spätere Passage im Song erinnert stark an „Whole Lotta Love“ (1969) von Led Zeppelin (23:40). Richtig spannend. Schaut unbedingt mal rein!

Dienstag, 26. März 2024

Michael Shrieve in Woodstock (1969)

Santana-Schlagzeuger Michael Shrieve war der zweitjüngste Musiker beim Woodstock-Festival. Sein Schlagzeugsolo ist eines der Highlights im Woodstock-Film, teilweise präsentiert in beeindruckendem Split-Screen.




Screenshots von der DVD „Woodstock. The Director's Cut“ – © Warner Bros.
Er gibt später zu Protokoll, dass er überhaupt keine Ahnung hatte, wie man Latin-Rhythmen spielt. „Ich hatte ein Buch und übte ein bisschen damit – ein Buch über grundlegende Latin-Rhythmen von einem Kerl namens Ted Reed. Aber ich hatte nicht die geringste Erfahrung damit und das hört man auch, weil ich so unauthentisch spiele. Ich versuchte einfach, irgendwie hineinzupassen, so dass es sich gut anfühlt. Selbst bei echten Latin-Rhythmen swinge ich wie ein Jazzdrummer auf den Becken“.

Aber genau ein Jazzdrummer ist er auch, wie viele Soloalben und Kollaborationen von Michael Shrieve beweisen, beispielsweise (in meiner Sammlung):

Mittwoch, 28. Februar 2024

Coke Escovedo – Comin’ at Ya! (1976)

Coke Escovedo (Timbales, Congas, Percussion, Vocals) hat um 1971 bei Santana gespielt und die Band Azteca mitgegründet. 1976 erschien sein Album „Comin‘ at Ya!“, welches 2022 auf Vinyl neu aufgelegt wurde.


In den späten Siebzigern driftete Latinmusik zunehmend in Soul- und Disco-Gefilde. Dafür ist dieses Album ein gutes Beispiel. Es bewegt sich zwischen Rock, Pop, Soul und Disco, ab und an gewürzt von einer Prise Latin-Percussion. Die Musik ist vor allem auf Side One unauffällig, gefällig, glatt – mehr nicht.


Obwohl die Scheibe natürlich zwei Seiten hat, gibt es keine Side Two, sondern neben Side One eine Side A. Letztere gefällt mir besser, weil sie nicht ganz so glatt, dafür aber abwechslungsreicher und etwas aufregender ist. Hier hören wir mehr Percussion und auch ein wenig Funk. Vor allem endet sie mit den Santana-Songs „Everything is Coming Our Way“ und „Fried Neck Bones and Home Fries” (im Original von Willie Bobo). „Everything is Coming Our Way“, locker-flockig und leicht jazzig gespielt, gewinnt mit dem E-Piano fast brasilianisches Flair. „Fried Neck Bones“ beginnt richtig stark und vielversprechend und könnte sich zum Kracher des Albums entwickeln, wird aber nach 1:42 Minuten schon ausgeblendet – was für eine blöde Idee! Und so endet die Platte ziemlich unvollendet nach weniger als 35 Minuten.

Mittwoch, 3. Januar 2024

Benny Rietveld – Mystery of Faith (2001)

Bassist Benny Rietveld war 1988/89 mit Miles Davis auf Welttournee. 1990 fand er zu Santana, wo er noch heute mitwirkt. Zwischendurch nahm er sich immer mal Zeit für eigene Projekte wie sein Soloalbum „Mystery of Faith“, das größtenteils im Mai 2000 eingespielt wurde und 2001 erschien. Auf einzelnen Titeln sind auch die Santana-Kollegen Rodney Holmes, Tom Coster und Carlos Santana dabei.


Rietvelds Jazz-Fusion-Prägung ist etwa beim verträumten „The Dreams of the Maya“ unüberhörbar und wird durch Saxofone und Flöten unterstrichen. Ein Highlight ist gewiss „Sea of Stories“. Hier wird der Bassist durch akustische und elektrische Gitarren von Carlos Santana begleitet, die tatsächlich wunderbare Geschichten erzählen und die Gedanken schweben lassen. „Desert Skies“ und „Kahi La’i“ sind melodische Solostücke von Benny.


„Earth‘s Revenge (Deep Ecology)“ reißt den Hörer gewaltsam und dissonant aus den Träumen – es geht heftig zur Sache – die Rache der Erde, eben. Tom Coster – eigentlich ein bekannter Keyboarder – verpasst dem Stück mit seinem Akkordeon ein eigenwilliges Flair und eine längere und etwas ruhigere Passage, bevor gegen Ende hin die wilde Reise fortgesetzt wird. Weitere Vergeltungsmaßnahmen bleiben uns zum Glück erspart.


„Remember“ ist erneut ein Wohlfühlstück. Bob Dylans „Mr. Tambourine Man“ mit dem herben Gesang von Barbara Higbie stammt als einziger Titel nicht aus der Feder von Benny Rietveld. Die gelungene Interpretation wirkt fast so getragen wie ein Weihnachtslied.


Dies gilt insbesondere für das bereits erwähnte „Sea of Stories“, was Anleihen bei „Little Drummer Boy“ nimmt. Genau dasselbe Stück wird unter dem Titel „Posada (Pilgrimage to Bethlehem)“ von Santana tatsächlich als Weihnachtslied inszeniert und ist beispielsweise auf dem Sampler „Platinum Christmas“ (2000) enthalten. Hintergrund: „Posada“ ist das spanische Wort für Herberge. In Mexiko wird ein gleichnamiges Fest in den neun Tagen vor Weihnachten gefeiert, also vom 16. bis zum 24. Dezember. Es erinnert an die Wanderung von Maria und Josef von Nazareth nach Bethlehem sowie ihre mühselige Suche nach einer Unterkunft.


„Mystery of Faith“ enthält elf abwechslungsreiche und meist schöne Stücke, ist aber nicht mehr leicht zu finden. Ich habe es nach jahrelanger Suche endlich gebraucht in den USA erworben.