Dienstag, 26. März 2024

Michael Shrieve in Woodstock (1969)

Santana-Schlagzeuger Michael Shrieve war der zweitjüngste Musiker beim Woodstock-Festival. Sein Schlagzeugsolo ist eines der Highlights im Woodstock-Film, teilweise präsentiert in beeindruckendem Split-Screen.




Screenshots von der DVD „Woodstock. The Director's Cut“ – © Warner Bros.
Er gibt später zu Protokoll, dass er überhaupt keine Ahnung hatte, wie man Latin-Rhythmen spielt. „Ich hatte ein Buch und übte ein bisschen damit – ein Buch über grundlegende Latin-Rhythmen von einem Kerl namens Ted Reed. Aber ich hatte nicht die geringste Erfahrung damit und das hört man auch, weil ich so unauthentisch spiele. Ich versuchte einfach, irgendwie hineinzupassen, so dass es sich gut anfühlt. Selbst bei echten Latin-Rhythmen swinge ich wie ein Jazzdrummer auf den Becken“.

Aber genau ein Jazzdrummer ist er auch, wie viele Soloalben und Kollaborationen von Michael Shrieve beweisen, beispielsweise (in meiner Sammlung):

Mittwoch, 28. Februar 2024

Coke Escovedo – Comin’ at Ya! (1976)

Coke Escovedo (Timbales, Congas, Percussion, Vocals) hat um 1971 bei Santana gespielt und die Band Azteca mitgegründet. 1976 erschien sein Album „Comin‘ at Ya!“, welches 2022 auf Vinyl neu aufgelegt wurde.


In den späten Siebzigern driftete Latinmusik zunehmend in Soul- und Disco-Gefilde. Dafür ist dieses Album ein gutes Beispiel. Es bewegt sich zwischen Rock, Pop, Soul und Disco, ab und an gewürzt von einer Prise Latin-Percussion. Die Musik ist vor allem auf Side One unauffällig, gefällig, glatt – mehr nicht.


Obwohl die Scheibe natürlich zwei Seiten hat, gibt es keine Side Two, sondern neben Side One eine Side A. Letztere gefällt mir besser, weil sie nicht ganz so glatt, dafür aber abwechslungsreicher und etwas aufregender ist. Hier hören wir mehr Percussion und auch ein wenig Funk. Vor allem endet sie mit den Santana-Songs „Everything is Coming Our Way“ und „Fried Neck Bones and Home Fries” (im Original von Willie Bobo). „Everything is Coming Our Way“, locker-flockig und leicht jazzig gespielt, gewinnt mit dem E-Piano fast brasilianisches Flair. „Fried Neck Bones“ beginnt richtig stark und vielversprechend und könnte sich zum Kracher des Albums entwickeln, wird aber nach 1:42 Minuten schon ausgeblendet – was für eine blöde Idee! Und so endet die Platte ziemlich unvollendet nach weniger als 35 Minuten.

Mittwoch, 3. Januar 2024

Benny Rietveld – Mystery of Faith (2001)

Bassist Benny Rietveld war 1988/89 mit Miles Davis auf Welttournee. 1990 fand er zu Santana, wo er noch heute mitwirkt. Zwischendurch nahm er sich immer mal Zeit für eigene Projekte wie sein Soloalbum „Mystery of Faith“, das größtenteils im Mai 2000 eingespielt wurde und 2001 erschien. Auf einzelnen Titeln sind auch die Santana-Kollegen Rodney Holmes, Tom Coster und Carlos Santana dabei.


Rietvelds Jazz-Fusion-Prägung ist etwa beim verträumten „The Dreams of the Maya“ unüberhörbar und wird durch Saxofone und Flöten unterstrichen. Ein Highlight ist gewiss „Sea of Stories“. Hier wird der Bassist durch akustische und elektrische Gitarren von Carlos Santana begleitet, die tatsächlich wunderbare Geschichten erzählen und die Gedanken schweben lassen. „Desert Skies“ und „Kahi La’i“ sind melodische Solostücke von Benny.


„Earth‘s Revenge (Deep Ecology)“ reißt den Hörer gewaltsam und dissonant aus den Träumen – es geht heftig zur Sache – die Rache der Erde, eben. Tom Coster – eigentlich ein bekannter Keyboarder – verpasst dem Stück mit seinem Akkordeon ein eigenwilliges Flair und eine längere und etwas ruhigere Passage, bevor gegen Ende hin die wilde Reise fortgesetzt wird. Weitere Vergeltungsmaßnahmen bleiben uns zum Glück erspart.


„Remember“ ist erneut ein Wohlfühlstück. Bob Dylans „Mr. Tambourine Man“ mit dem herben Gesang von Barbara Higbie stammt als einziger Titel nicht aus der Feder von Benny Rietveld. Die gelungene Interpretation wirkt fast so getragen wie ein Weihnachtslied.


Dies gilt insbesondere für das bereits erwähnte „Sea of Stories“, was Anleihen bei „Little Drummer Boy“ nimmt. Genau dasselbe Stück wird unter dem Titel „Posada (Pilgrimage to Bethlehem)“ von Santana tatsächlich als Weihnachtslied inszeniert und ist beispielsweise auf dem Sampler „Platinum Christmas“ (2000) enthalten. Hintergrund: „Posada“ ist das spanische Wort für Herberge. In Mexiko wird ein gleichnamiges Fest in den neun Tagen vor Weihnachten gefeiert, also vom 16. bis zum 24. Dezember. Es erinnert an die Wanderung von Maria und Josef von Nazareth nach Bethlehem sowie ihre mühselige Suche nach einer Unterkunft.


„Mystery of Faith“ enthält elf abwechslungsreiche und meist schöne Stücke, ist aber nicht mehr leicht zu finden. Ich habe es nach jahrelanger Suche endlich gebraucht in den USA erworben.