Montag, 11. September 2023

Carlos Santana – Havana Moon (1983)

1983 erscheint „Havana Moon“, ein Soloalbum von Carlos Santana. Beim Titelsong, um den es hier geht, begleiten ihn neben Santana-Musikern auch Booker T. Jones und die Fabulous Thunderbirds (Jimmie Vaughan, Fran Christina, Kim Wilson, Keith Ferguson).


Wir hören eine Coverversion des Songs „Havana Moon“ von Chuck Berry (1956). Dessen Vorlage ist wiederum der „Calypso Blues“ von Nat King Cole (1951), bei dem jener nur von Congas begleitet singt. Hier ist die Idee für „Havana Moon“ greifbar – anders als bei einer modernen Reggae-Fassung des „Calypso Blues“ von Calypso Rose (2018).

Zum Rhythmus und der Melodie von Nat King Cole fügt Berry die traurige Geschichte eines Kubaners, der auf sein American Girl wartet. Sie haben sich in New York kennengelernt, eine Nacht durchgetanzt und sie möchte ihn offenbar in ihre Heimat holen. Doch ihr Schiff verspätet sich. Mitternacht ist vorbei, der Mond steht tief und der Wind weht kräftig. In seiner Einsamkeit öffnet der Wartende den mitgebrachten Rum und das Schicksal nimmt seinen Lauf. Während er seinen Rausch ausschläft, kommt das Schiff und fährt wieder – mitsamt dem enttäuschten American Girl. Die Träume des Kubaners von einem besseren Leben lösen sich dabei in Luft auf.

Ich finde es bemerkenswert, wie Chuck Berry diese Tragödie über eine verpasste Gelegenheit mit Perspektivwechseln vom Ich-Erzähler zum außenstehenden Erzähler und zurück in so wenige knappe Zeilen fasst. Gekonnt verwendet er das in der Karibik verbreitete Pidgin-English („Me grab me shoes, me jump and me run …“) und zeichnet die Geschichte mit den kräftigen Pinselstrichen seiner Verse. Und großartig ist einmal mehr, wie Santana das spartanische Original in einem fantastischen Arrangement mit viel Percussion erst richtig zum Leben erweckt und fließen lässt und dabei sogar den Text noch strafft.