Donnerstag, 5. Mai 2022

50 Jahre „Song Of The Wind“

Am 5. Mai 1972 – heute vor genau 50 Jahren – wurde der „Song Of The Wind“ für das vierte Santana-Album „Caravanserai“ aufgenommen. Alle anderen Titel waren längst im Kasten, als die Musiker sich an dieses Stück machten. Es ist die Krönung eines herausragenden Albums.


Schlagzeuger Michael Shrieve erzählt: „Carlos und Neal spielten wunderbar und waren sehr glücklich über ihre Ergebnisse. Üblicherweise fängst du bei den Aufnahmen mit den Basic Tracks an, also mit Schlagzeug und Bass. Danach brauchst du kein Schlagzeug mehr. Der Gitarrist, der Sänger oder wer auch immer können auf dieser Grundlage ihre Soli verbessern. Und am Ende des Abends im Studio hatten sie so unvergleichliche Sachen aufgenommen, dass ich dachte ‚Wow, ich hätte mit ihnen spielen sollen‘. Und ich war fest entschlossen, dies zu tun. Doch es ging nicht. Ohne Computertechnik kannst du das eigentlich nicht machen. Denn wenn du die Basic Tracks versaust, kannst du die komplette Aufnahme ruinieren. Nachdem alle gegangen waren sagte ich also zum Toningenieur: ‚Ich werde die ganze Nacht lang daran arbeiten. Ich übe, wie ich spielen möchte zu dem, was Carlos und Neal bereits hingelegt haben. Also sei morgen früh hier und lass es uns machen‘. Ich habe das niemandem aus der Band erzählt. Glen Kolotkin war sehr besorgt, denn wenn ich es vergeigt hätte, hätten sie wohl ihn beschuldigt, obwohl ich es verdient hätte. Er meinte: ‚Bitte Michael, mach das nicht‘. Ich antwortete nur: ‚Sei morgen früh hier. Ich sage dir, wann.‘ Ich arbeitete die Nacht durch und sagte: ‚Schmeiß das Aufnahmeband an‘ und legte los. Ich fügte meinen Teil zu dem hinzu, was sie zu den vorhandenen Basic Tracks gespielt hatten. Und es wurde großartig“. So folgt beim „Song Of The Wind“ also das Schlagzeug den Gitarren – und nicht umgekehrt, wie eigentlich üblich.


Shrieve versuchte, im Stil von Jack DeJohnette wie bei „First Light“ mit Freddie Hubbard zu spielen, einem Song, den auch Carlos schätzt. In seinem 8 x 10 Fuß kleinen, schallgedämmten Übungsraum zuhause in der Bay Street feilte er also die Nacht hindurch an einem ausdrucksstarken Spiel. Seine damalige Lebensgefährtin Wendy Haas erklärte ihn für verrückt. Gewiss mit einem Augenzwinkern – schließlich ist sie selbst Musikerin (und auf diesem Album am Piano ebenfalls dabei).

Und Carlos‘ Freundin (und spätere Frau) Deborah: „Ich hörte ‚Song Of The Wind‘ immer und immer wieder und versuchte zu ergründen, welche Gitarre Carlos und welche Neal Schon spielte. Es fühlte sich an, als würde ich fliegen, als sie sich mit ihren Soli abwechselten. Die Musik schwebte mit Schichten aus Rhythmus und Melodie, wie ich sie noch nie zuvor gehört hatte“.


Für mich ist dieser Song ein zeitloses Meisterwerk, bei dem man jedes Instrument einzeln genießen kann und der nie langweilig wird, weil es darin so viel zu entdecken gibt. Am besten entfaltet er sich, wenn man ihn im Anschluss an die vier Titel davor hört. „Eternal Caravan Of Reincarnation“, „Waves Within“, „Look Up (To See What’s Coming Down“, „Just In Time To See The Sun“ und „Song Of The Wind“ fließen nahtlos ineinander und schaffen eine Stimmung, in der das Lied des Windes einfach nur verzaubert …

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