Dienstag, 10. Februar 2015

Carlos Santana – The Universal Tone (2014)

"The Universal Tone" – so heißt die Autobiographie von Carlos Santana. Der "Universal Tone" ist ein Klang, welcher alle Wesen berührt und verbindet, also eigentlich eine spirituelle Angelegenheit. Und man meint bisweilen, dass Carlos solche Töne seiner Gitarre entlocken kann.


Dieses wunderbare Buch mit über 500 Seiten erzählt nicht allein vom Musiker, sondern vom Menschen Carlos Santana. Und so nehmen seine Familie und seine spirituelle Entwicklung breiten Raum darin ein. Doch hauptsächlich geht es natürlich um Musik, um den Gitarristen Carlos, um die Band Santana, um Erlebnisse, Begegnungen, Freundschaften und Einflüsse, um Songs, Alben, Konzerte, Plattenfirmen und das Musikgeschäft.

Sehr langsam und weitgehend chronologisch entwickelt sich die Geschichte. Sie wächst und entfaltet sich fast wie eine Blume. Erstaunlich, an wie viele Einzelheiten seiner Kindheit Carlos sich erinnern kann. Auf Seite 57 kommt der zehn- oder elfjährige Carlos erstmals mit einem Instrument in Kontakt, mit seiner ungeliebten Violine. Und dann bewegt sich seine Karriere in unzähligen winzigen Schritten voran und wir können fast hautnah miterleben, wie er für seine Musik und mit ihr lebt und wie sich allmählich passende Musiker um ihn scharen, die als Santana weltweit Furore machen werden.

Erst auf Seite 215 landet Santana in Woodstock. Das war 1969 und das Debütalbum war noch immer nicht erschienen. Auf Seite 296 wendet Santana sich dem Album "Caravanserai" zu. Das war 1972. Die internationale Karriere währte zu dem Zeitpunkt gerade mal drei Jahre und wir befinden uns bereits in der zweiten Hälfte des Buches.

So gemächlich geht es folglich nicht weiter. Etwa ab Mitte der Siebzigerjahre zieht das Erzähltempo dann auch deutlich an. Schade eigentlich, denn die vielen Details gefallen mir wirklich gut – vor allem, sofern sie die Musik betreffen. Interessant ist beispielsweise, dass es zu "Samba Pa Ti" auch einen Text gibt (in Auszügen nachzulesen auf Seite 239), den Carlos immer im Sinn hat, wenn er das Lied spielt. Besonders berührt hat mich wegen größerer Parallelen zu meinem eigenen Leben freilich die Trennung von Deborah und das tiefe Glück, welches aus der Asche entstand, als er Cindy begegnete, die seine zweite Frau wurde.

Nicht jeder Musiker, der in all den Jahrzehnten bei Santana gespielt hat, wird im Buch genannt. Das ist nachvollziehbar. Etwas befremdlich finde ich jedoch, dass Raul Rekow, der Carlos von 1976 bis 2013 mit Abstand am längsten von allen Musikern in der Band begleitet hat, nur dreimal am Rande erwähnt wird, außerdem auf einem Foto. Ansonsten aber widmet Carlos sich ausgiebig den Charakteren, die ihm nahe standen und stehen wie Bill Graham, Michael Carabello, Gregg Rolie, Michael Shrieve, Armando Peraza, Wayne Shorter, Miles Davis, John Lee Hooker, Clive Davis und vielen mehr.

Carlos hat das Buch nicht selbst geschrieben. Dafür waren seine Weggefährten Hal Miller, der die vielen Erinnerungen aufnahm und ordnete, sowie Ashley Kahn, der sie gefühlvoll und leichtfüßig zu Papier brachte, zuständig. Sie haben ihren Job richtig gut gemacht. Heraus kam ein Buch voller Seele und Musik, welches ich mit großer Freude gelesen habe und jedem Fan, der des Englischen halbwegs mächtig ist, empfehlen kann.

"The Universal Tone – Bringing My Story To Light" von Carlos Santana ist im November 2014 bei Little, Brown and Company erschienen, hat 536 Seiten plus zwei Fotostrecken und kostet in der gebundenen Ausgabe 30 US-Dollar.

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