Donnerstag, 25. Juli 2024

John Mayall and the Bluesbreakers – A Hard Road (1967)

Gestern habe ich mal wieder „A Hard Road“ von John Mayall and the Bluesbreakers aufgelegt, weil ich erfuhr, dass John Mayall am 22. Juli 2024 im Alter von 90 Jahren gestorben ist. „A Hard Road“ erschien im Februar 1967 als zweite Platte der Bluesbreakers und ist durchaus als Meilenstein zu sehen. Mit dabei sind John McVie und Peter Green, die später Fleetwood Mac gründeten, sowie Aynsley Dunbar, der später bei der Jeff Beck Group, Jefferson Starship, Journey, UFO und anderen mitwirkte.


John Mayall war enorm wichtig – eine Schlüsselfigur in der britischen Bluesrock-Szene, die wiederum maßgeblich die Entwicklung der Rockmusik in den USA beeinflusste. Die Bluesbreakers waren beispielsweise auch für Eric Clapton und Mick Taylor (Rolling Stones) ein Karriere-Sprungbrett. Und indirekt inspirierten die Bluesbreakers wiederum zahllose andere Musiker.


So befindet sich auf „A Hard Road“ der Song „The Super-Natural” von Peter Green, der nicht nur einen Vorgeschmack auf dessen Gitarrensound bietet, sondern auch Carlos Santana mächtig inspiriert hat. Dazu Carlos: „Er hatte bereits seinen eigenen Stil – legato. Er ließ die Noten einfach hängen. Sein Sound nahm mich echt in den Schwitzkasten und ließ mich nicht mehr los. Und diese Töne! In dem Stück ‚The Super-Natural‘ – nicht zu verwechseln mit meinem Album ‚Supernatural‘ [1999] – war Greens Gitarrensound haarscharf am Feedback. Dieses Stück hat bei mir definitiv Eindruck hinterlassen. Ich glaube, das war der erste instrumentale Blues, der zeigte, dass eine Gitarre problemlos die Leadstimme sein kann – und dass Sänger manchmal total überflüssig sind. Ich liebte diesen Klang“. „The Super-Natural” bereitete den Weg für Santana-Songs wie „Samba Pa Ti“ und „Europa“.

Seit 1969 lebte John Mayall in Los Angeles. Dort starb er nun und hinterlässt … nein, keine Lücke, sondern ein (einfluss)reiches musikalisches Werk!

Samstag, 20. Juli 2024

Santana 1974 – zum 77. Geburtstag von Carlos Santana

Das Jahr 1974 war ziemlich produktiv in der bereits weit fortgeschrittenen, aus heutiger Sicht freilich noch jungen Karriere von Santana. Vier neue Alben mit einer enormen stilistischen Bandbreite kamen auf den Markt. Alle hier zitierten Passagen mit Quellenangaben und vielen weiteren Details sind übrigens in meinem Buch „Sechs Jahrzehnte SANTANA“ nachzulesen.


Es begann im Mai mit dem Dreifach-Livealbum „Lotus“. „Die Idee war wundervoll und ehrgeizig, und die Musik war frisch – aber die Leute von Columbia konnten damit nichts anfangen“, erzählt Carlos Santana. „Das Album-Cover, die Verpackung und die drei Platten waren ihnen einfach zu teuer. Sie glaubten nicht daran, dass das Album sich gut verkaufen würde. Selbst nachdem ‚Lotus‘ im Sommer 1974 auf den japanischen Markt kam und das meistverkaufte Importalbum der damaligen Zeit wurde, ließ Columbia sich nicht umstimmen, nicht einmal von Bill [Graham]. Das zeigt, wie viel sich geändert hatte, seit Clive [Davis] entlassen worden war. Damals lernte ich, wie bürokratisch die Dinge in Amerika laufen konnten und wie unterschiedlich die Plattenfirmen in Europa und Japan gemanagt wurden“.


Im August folgte Santanas erstes „Greatest Hits“-Album mit Songs der ersten drei LPs. Damit war Carlos überhaupt nicht glücklich. „Wissen Sie, was die Leute bei Columbia taten, als ‚Lotus‘ rauskam?“, fragt Carlos. „Sie brachten etwa zur gleichen Zeit ein Greatest-Hits-Album – auf einer Einzel-LP – heraus, als wären wir irgendeine abgehalfterte Band, die ihre besten Jahre längst hinter sich hat. Das war ein echter Tiefpunkt“. Na gut, aber es war meine erste Santana-Platte. Was wäre ohne sie aus mir geworden?


Im September erschien „Illuminations“ von Turiya Alice Coltrane & Devadip Carlos Santana. „Das Abhängen mit Turiya inspirierte mich, ein paar spirituelle Melodien zu schreiben, und als Turiya sie hörte, überraschte sie mich mit einigen Arrangements, die dazu passten – zu diesem symphonischen Ozean aus Sound mit Ebbe und Flut. Aus diesen ersten Stücken wurde ‚Angel of Air/Angel of Water‘ auf dem Album ‚Illuminations‘. Es war das erste Album mit meinem Sanskrit-Namen auf dem Cover. Die Sterne standen günstig dafür: Turiya war derzeit bei keiner Plattenfirma unter Vertrag, und Columbia war damit einverstanden, rechnete aber nicht mit Radiohits und wollte daher erst nach der Fertigstellung entscheiden, was mit dem Album geschehen sollte. Im Grunde sagten sie zu uns: Macht weiter und amüsiert euch gut. (…) Unsere Sessions fanden im Capitol-Studio in Los Angeles statt, wo Frank Sinatra seine Platten aufzunehmen pflegte, weil Turiya es kannte und weil dort eine ganze Streichergruppe Platz hatte. Alles war live, und es war fantastisch, im selben Raum zu sein wie Jack DeJohnette und Dave Holland – die beide mit Miles gespielt haben – und mit Armando, Jules Broussard und Tom Coster. Die Atmosphäre war großartig: Armando erzählte eine Geschichte, und wir lachten uns krumm; dann sagte Turiya etwas, worüber wir noch heftiger lachten. Alle glauben, Alice Coltrane sei ein ernster, zutiefst spiritueller Mensch, der nicht herumalbern darf, irgendwie näher an Gott als andere. Aber sie lachte und amüsierte sich gerne“.


Im Oktober wurde „Borboletta“ veröffentlicht. Das Album ist ein Klangteppich, der zum fliegenden Teppich wird und den begeisterten Fan sanft entschweben lässt. Ein fesselnder Traum, aus dem man höchst ungern erwacht. Nach den Arbeiten an „Borboletta“ zieht Michael Shrieve einen Schlussstrich und verlässt die Band, was für Carlos einen größeren Einschnitt darstellt und zwei Tage vor dem geplanten Tourneestart überdies einigermaßen ungelegen kommt. Der Schlagzeuger hat sich als wichtiger Kollege und Freund entpuppt. Durch ihn lernt Carlos Jazzmusik kennen, die ihn überhaupt erst auf den Weg zu den letzten großartigen Alben bringt. „Ich schulde Michael viel. Er ist derjenige, der mir [John] Coltrane und Miles [Davis] näherbrachte. Ich wollte nur Blues spielen, bis Michael kam (…). Er öffnete meine Augen, meine Ohren und mein Herz für viele Dinge. (…) Manche Schlagzeuger haben nur Stöcke, doch Michael Shrieve hat Sehkraft. (…) Michael ist wie eine Schachtel Buntstifte – er hat all die Farben“.


Diese unterschiedlichen Alben mit ihren vielen Geschichten hätten über mehrere Jahre entstanden sein können. Doch alles geschah 1974. Das ist nun fünfzig Jahre her. Damals wurde Carlos Santana 27. Heute wird er 77. Ich gratuliere ihm herzlich zum Geburtstag und wünsche ihm noch viele glückliche Jahre mit seiner Band, seiner Musik und natürlich in seinem Privatleben. Happy Birthday, Carlos!