Im Jahr 1973 erschien das Santana-Album "Welcome". Zart setzt der erste Song "Going Home" ein. In meinem Buch
"Carlos Santana und Band" habe ich dazu geschrieben: "Er klingt
sehr orchestral, fast klassisch." Den Credits nach ist der Song von Alice
Coltrane, Carlos Santana und der restlichen Santana-Band arrangiert – aber halt nur arrangiert. Auf dem im
selben Jahr aufgenommenen Live-Album "Lotus" dient er ebenfalls als
Intro, wie überhaupt bei jedem Konzert während der 1973er Tour.
"Going Home" befindet sich zudem in einer mehr als
doppelt so langen Fassung auf dem Album "Lord Of Lords" von Alice
Coltrane aus dem Jahr 1972. Als ich mit meiner Frau zusammen kürzlich diesem meiner Sammlung neu hinzugefügten Album lauschte, meinte sie, dass der Song sie irgendwie an die
Winnetou-Filme erinnere. Hmmm, dachte ich, irgendwie hat sie Recht. Also zog
ich Martin Böttchers "Winnetou Melodien" aus dem Regal und versuchte,
heraus zu finden, welcher Song dem "Going Home" ähnelt. Es ist die
"Old Shatterhand Melodie".
Nun konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass
Carlos Santana und Alice Coltrane sich gemeinsam "Der Schatz im
Silbersee" angesehen haben. Also dachte ich noch ein Weilchen nach – und
dann kam mir eine Idee und ich legte Anton Dvoraks Sinfonie Nr. 9 "Aus der
Neuen Welt" auf. Im zweiten Satz "Largo" ist eine leise und
berührende Passage zu hören, die von Alice Coltrane praktisch genauso gespielt
wurde. Bei Santanas "Welcome" ist die Ähnlichkeit weniger offensichtlich, genügt aber, um den Song irgendwie als klassisch zu empfinden (sofern man die Sinfonie von Dvorak kennt).
Bevor man Santana und Alice Coltrane nun voreilig des Plagiats verdächtigt, sollte
man sich aber ruhig die Mühe machen, die extrem klein gedruckten Liner Notes
des Alice-Coltrane-Albums zu lesen. Sie sind nämlich vom LP- auf CD-Format
geschrumpft und für mich nur mit Lupe zu entziffern. Dort wird ausdrücklich auf
Dvoraks Sinfonie hingewiesen und es wird außerdem berichtet, dass jener die
Anregung von einem gospel-orientierten Spiritual hatte, welches in den USA weit
verbreitet war und ist. Auch der Text im Booklet der "Welcome"-CD (allerdings erst ab der Version mit dem Bonus-Track "Mantra" aus dem
Jahr 2003) deutet dies an. Ich hätte ihn nur lesen müssen.
Fazit: Sie alle – Anton Dvorak, Martin Böttcher, Alice Coltrane und Carlos Santana – haben ein traditionelles Spiritual unbekannter Herkunft als Quelle ihrer Inspiration verwendet. Irgendwie ist alles Gute göttlichen Ursprungs…
Fazit: Sie alle – Anton Dvorak, Martin Böttcher, Alice Coltrane und Carlos Santana – haben ein traditionelles Spiritual unbekannter Herkunft als Quelle ihrer Inspiration verwendet. Irgendwie ist alles Gute göttlichen Ursprungs…
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